"Skulpturen am Fluss"
VOM REPRÄSENTATIVEN ZUR KOMMUNIKATION
Von Dr. Gabriele Lohberg
Kunst im Außenraum hatte bis ins 20. Jahrhundert hinein die Funktion eines Denkmals, wurde als freundliches Dekorum in Parks und im städtischen Raum aufgestellt oder kommentierte programmatisch die Bedeutung und Widmung von Gebäuden und Plätzen. Vornehmlich die Helden auf Sockeln und Pferden hielten formal, als auch durch ihre Bedeutung als Denkmal eine sichere Distanz zur Öffentlichkeit, die bewundern, aber nicht teilhaben sollte. Spätestens seit den 60er Jahren des letzten Jahrtausends hat ein Paradigmenwechsel stattgefunden. Bis heute handelt es sich bei Skulpturen im öffentlichen Raum oft „um ungeschützte Kunst, ihrem unfreiwilligen Publikum auf Gedeih und Verderb ausgesetzt und ohne institutionelle Absicherung“ (Stella Rollig, Kundendienst und Betriebsberatung, in „Zur Sache Kunst am Bau – Ein Handbuch, hg. Von Markus Wailand, Vitus H. Weg, Wien 1998, S.96). Sie definiert sich weniger durch Repräsentation, sondern durch Kommunikation.
Von der Planung des 3. Symposions für Skulptur in der Verbandsgemeinde Konz bis zur Erschließung des Skulpturenwegs, begleitet die Vermittlung das gesamte Projekt wie ein Thema mit Variation. Es begann mit ersten Gesprächen und Diskussionen inden Gemeinden mit Bürgern, Bürgermeistern, Grundstücksbesitzern, städtischen Behörden und den Künstlerinnen und Künstlern. Ganz zentral war für alle Beteiligten die Wahl des jeweiligen Standorts im Hinblick auf den Prozess der künstlerischen Intervention. Sie wählten Plätze, auf die sie künstlerisch reagieren und die sie als Orte neu definieren konnten. Das Arbeiten im Außenraum, der Prozess der Aneignung eines Platzes, wird immer wieder von Passanten begleitet, die zuschauen, kommentieren und Fragen stellen. Auf diese Weise erschließt sich die künstlerische Vermittlung ihre Öffentlichkeiten aus dem Diskurs heraus. Aus den, auf einige Wochen festgelegten lokalen Begegnungen, entwickeln sich soziale und künstlerische Markierungen von Dauer. Die Idee des Symposions war es, Situationen in der Landschaft in ihrer Besonderheit zu erfassen, ein Raum-Konzept durch eine Skulptur künstlerisch herauszuarbeiten und den Betrachter dafür zu interessieren. Dies ist den Organisatoren und den beteiligten Künstlerinnen und Künstlern auf ganz unterschiedliche Weise, aber in allen Aspekten gelungen. Bei der Wahl der Künstlerinnen und Künstler wurden nicht allein Stein-Bildhauer berücksichtigt, wie zu den bisherigen Symposien, sondern auch Künstler, die Metall für Ihre Gestaltung bevorzugen.
Die Arbeiten von Sigrún Ólafsdóttir und Werner Bitzigeio können in ihrer Realisierung kaum unterschiedlicher sein. Letzter verfolgt in der Gestaltung eine konsequente geometrische Matrix, deren Rechtecke zu einer Kugelform – der „Quadratur des Kreises“ – zusammengefügt werden und in ihrer Wirkung perspektivische Überraschungen bereit halten. Die isländische Künstlerin bringt eine leichte, vielgestaltige flammende Bewegung in die Landschaft ein, die sich in der Vertikalen frei entwickelt. Gemeinsam ist beiden künstlerischen Ansätzen die lineare Gestaltung im Material Stahl, die die Skulpturen wie Zeichnungen im Raum erscheinen lässt.
Von den Bildhauern wurden ganz unterschiedliche Landschaften und Situationen favorisiert. Maria Claudia Farina, Jürgen Waxweiler und Eileen Mac Donagh lassen den Betrachter mit ihren Skulpturen in die Landschaft blicken. Sie schließen das Motiv des Sehens, Erkennens und Verstehens in ihr Konzept mit ein. Ihre Werke auf Berghängen oder Kuppen lassen nicht nur den Weitblick zu, sondern sind auch selbst weithin sichtbar. Johannes Michler, Birgit Knappe und vor allem Thomas Link wählten Orte, in denen sich ihre skulpturalen Plätze in die Landschaft einbetten. Dabei betonen sie durch die horizontale Ausrichtung der Steinblöcke eine formale Annäherung an den Verlauf von Tälern und Höhen linien. Sie erschaffen mit ihren Arbeiten neue Realitäten, die sie in einem persönlichen und sozialen Sinne neu definieren. Dorsten Diekmann und Ton Kalle setzen sich mit der vertikalen Aufstellung ihrer Skulpturen bewusst von der sich ausbreitenden Landschaft ab. Doch auch diese, wie Ausrufungszeichen exponierten Landschaftsmarkierungen, beziehen sich in ihrer Binnenzeichnung und in ihrer Kontur auf Bewegungen, Vegetation und Formationen in der Natur und erscheinen nicht als Fremdkörper.
Allen Werken ist die Spannung eigen, sich selbstbewusst durch große Dimensionen in der Landschaft zu behaupten, und sich gleichzeitig zu integrieren. Beim neugierigen Wahrnehmen der Skulpturen entsteht daher eine unvergleichliche Symbiose von ungekannten Einsichten in die Landschaft, dem Erleben von beeindruckenden Skulpturen in der wechselnden Atmosphäre und der zeitlichen Dimension – sei es der Jahres- oder Tageszeiten und des eigenen Zeitempfindens. Der sichtbare Einfluss von Licht, Schatten und der Witterung auf die sorgfältig behandelten Oberflächen, die stringente Formgebung, die Entwicklung der Skulpturen im Raum und die faszinierenden Orte verleihen allen Werken eine außergewöhnliche Präsenz.